Meine Zeit bei Indulor America LP

Heute darf ich euch etwas von meinem Auslandspraktikum bei der Firma Indulor America LP erzählen.

Wer auch schon meinen ersten Blogeintrag gelesen hat weiß schon in etwa, was wir bei der Aurubis machen. Wer meinen Eintrag verpasst hat und interessiert ist, kann gerne hier nochmal nachschauen, was die Aurubis in Buffalo macht.img_7945.jpg

Für alle anderen nochmal hier die Kurzfassung: Ich heiße Anna-Lisa Wiechmann, bin 20 Jahre alt und mache in der schönsten Stadt der Welt meine Ausbildung zur Chemikantin und bin Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Aurubis AG Hamburg. Als Chemikant/in ist man vielseitig einsetzbar: Während unserer Ausbildung lernen wir den Umweltschutz, die Chemiegrundausbildung im Ausbildungslabor, eine Einführung in die manuelle Stahl- und Kunststoffbearbeitung kennen und lernen viel über Labortechnik –  den professioneller Umgang mit Chemikalien, Mikrobiologie und Physik für die spätere Berufspraxis. Aber auch die Bereiche Betriebs- und Verfahrenstechnik im großtechnischen Bereich, Informatik, Mess- und Regeltechnik, Digital- und Installationstechnik, die Entwicklung von Funktionsplänen, der Umgang mit speicherprogrammierbaren Steuerungen und Prozessleitsystemen steht auf unserem Ausbildungsplan.  Dementsprechend vielfältig wie diese Bereiche sind auch unsere Tätigkeiten während der Ausbildung.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz GANZ herzlich bei meiner Firma, der Aurubis AG, und besonders bei allen Ausbildern, der Ausbildungsleitung und meiner Navigatorin, Michaela Juschkus, bedanken, die mich immer unterstützt haben,mich ermutigt haben, diesen Schritt zu gehen und alles dafür getan haben, dass mir diese Zeit ermöglicht werden konnte!
Ein weiteres riesiges Dankeschön geht an Kay Lorenzen, den Abteilungsleiter Chemie meiner Berufsschule (BS14 ITECH), der sich mit mir durch alle Anträge, Zertifikate und Dokumentanfragen für das Visum gekämpft hat.

Ohne Sie alle wäre das hier nicht möglich gewesen und ich bin unendlich dankbar, dass Sie den Aufwand in Kauf genommen haben!

In den USA durfte ich zunächst ein Technical College in Macon, Georgia besuchen, um einen Eindruck vom amerikanischen Bildungssystem zu bekommen und unsere Form des Bildungssystems weiterzutragen; hierbei entstanden sehr interessante Gespräche und haben meinen Blick auf unser Bildungssystem ein Stück weit verändert.
Anschließend habe ich eine Woche lang die Kennesaw State University besucht und konnte so auch das „Studentenleben“ in den USA erleben, durfte am Intercultural Compentence Training teilnehmen und konnte zusammen mit der KSU Gruppe einige Firmen besuchen und viele Fragen stellen.
Am 02. April war es dann soweit und ich bin nach Raleigh/Durham in North Carolina geflogen. Hier würde ich 10 Wochen verbringen und in der Universitätsstadt Chapel Hill leben und in Graham bei der Indulor America LP mein Auslandspraktikum absolvieren.

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Indulor America LP gehört zur Indulor-Guppe, welche als Spezialist für makromolekulare Chemie bekannt ist. Das familiengeführte, deutsche Unternehmen mit dem Hauptsitz im niedersächsischen Ankum wurde im Jahr 1978 von Erwin Fengler gegründet. Zuerst lag der Fokus des Unternehmens auf der Entwicklung und dem Vertrieb von Klebrohstoffen. Heute besteht die Kernkompetenz in der Entwicklung, Produktion und dem Vertrieb von Emulsions-, Lösungs- und Massepolymerisaten. Die Indulor-Gruppe beschäftigt circa 330 Mitarbeiter insgesamt und hat neben den drei Indulor Produktionsstandorten in Bitterfeld (Sachsen-Anhalt), Bramsche-Hesepe (Niedersachsen) und Graham (North Carolina, USA) noch eine Tochterfirma namens Blankophor, welche optische Aufheller für die Papierindustire herstellt. Blankophor hat seinen Produktionsstandort in Leverkusen (Nordrhein-Westfalen).
Bevor ich im März in die USA flog, hatte ich die Chance den Produktionsstandort in Bramsche-Hesepe zu besichtigen um vorab schon einen Eindruck von dem Unternehmen zu bekommen und Frau Steinhaus, die Tochter von Erwin Fengler und CEO von Indulor kennen zu lernen. Schon hier stellte sich heraus, dass meine Zeit in den USA sehr lehrreich werden würde, da ich während meiner Ausbildung bei der Aurubis AG überwiegend mit anorganischer Chemie arbeite, während Indulor in der organischen Chemie tätig ist.

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Der Standort in Graham wurde gerade erst fertig gestellt und wird von Sebastian Fengler, dem Sohn von Erwin Fengler, geleitet und die erste Produktion fand im Februar 2017 statt. Daher habe ich hier die Möglichkeit beim Start eines neuen Standortes dabei zu sein und viel zu lernen. Das Werk umfasst 5,2 Hektar, wobei die Produktionshalle 1820 m2 und das Lager 2531 m2 umfassen. Derzeit arbeiten 16 Mitarbeiter bei der Indulor America LP.

Genauso vielseitig wie meine Ausbildung in Deutschland sind meine Tätigkeiten hier in den USA: Die erste Woche im Unternehmen habe ich im Bürogebäude verbracht, um ein Gefühl für die Abläufe und die Organisation des Standortes zu bekommen, bevor ich im Qualitätslabor arbeiten würde. Ich konnte so in die Abteilungen Verkauf und Produktionsplanung hineinschnuppern und dufte hier sogar kleine Aufgaben übernehmen.

IMG_7569Im Labor analysieren wir die Proben aus der laufenden Produktion auf verschiedene Parameter: pH-Wert, Viskosität, Feststoffgehalt, UV-Index, Filmbildung auf Glas, Aussehen, Fließzeit – alles muss in einem bestimmten Spektrum liegen und wird dokumentiert. Wenn Werte aus dem Spektrum fallen, berechnen wir im Labor die bestimmten Zugaben, die nötig sind, damit die Parameter wieder im Spektrum liegt, halten die errechneten Zugaben auf einem Zugabeformular fest und geben dieses der Produktion, die diese dann ausführt. Nach einer halben bis einer Stunde bekommen wir eine neue Probe und analysieren sie erneut auf alle Parameter. Wenn das Produkt im Spektrum liegt, wird es freigegeben und entweder ins Lager gepumpt, in IBC’s abgefüllt oder direkt in einen Tankwagen gefüllt. Die Proben lagern wir im Labor mindestens 6 Monate. Im Anschluss füllen wir ein sogenanntes CoA (Certificate of Analyzes) aus, das dem Kunden übergeben wird.
Außerdem testen wir im Labor auch die ankommenden Rohstoffe auf die benötigte Qualität und vergleichen unsere Ergebnisse mit dem CoA des Lieferanten.

Außerdem lernte ich die Produktionsabläufe kennen und konnte mich schnell in das Prozessleitsystem einfinden und somit eigenständig arbeiten. Meine Kollegen standen mir immer zur Seite und haben mir geduldig jede Frage beantwortet, die ich gestellt hatte. Wir konnten dadurch sogar einige Verbesserungen vornehmen. Derzeit sind immer noch zusätzlich drei Mitarbeiter aus Deutschland vor Ort, um die amerikanischen Kollegen in der Startphase zu unterstützen, zu schulen und ihnen bei Problemen und Fragen zur Seite zu stehen. Hier konnte ich auch helfen, da nicht alle deutschen Mitarbeiter Englisch sprechen konnten und ich so zwischen den amerikanischen und deutschen Kollegen übersetzen und Ideen übermitteln konnte.

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Dadurch, dass der Standort noch sehr neu ist und die kontinuierliche Produktion erst anläuft haben wir teilweise mit einigen Herausforderungen zu kämpfen, die wir im Team aber  immer schnell lösen und nachhaltige Verbesserungen schaffen konnten.
Momentan produzieren wir überwiegend Dispersionen und Harzlösungen in einer Schicht. Für die Produktion einer Charge Dispersion sind verschiedene Schritte nötig:
Zuerst müssen die Festharze im Lösekessel aufgelöst werden. Hierfür sind verschiedene Zugaben von Chemikalien nötig und besondere Prozessschritte zu befolgen.
Anschließend wird die Harzlösung im Reaktor mit polymerisiert.

img_7676.jpgHierbei sind die genaue Einhaltung der Schritte sowie Parameter und die genaue Zugabe der benötigten Chemikalien entscheidend. Letztendlich wird das Produkt im Mischkessel konserviert und gegebenenfalls an das Spektrum der Analysen angepasst. Nach der Freigabe durch das Labor wir die fertige Dispersion entweder im Tanklager oder in IBC’s gelagert oder direkt in einen Tankwagen gepumpt.
Eine Harzlösung durchläuft weniger Prozessschritte als eine Dispersion: Sie durchläuft den Lösekessel, wird angepasst, konserviert und dann abgefüllt. In der Produktion fahren die sogenannten Operator die Kessel, dokumentieren den Verlauf, nehmen die Proben, führen die Zugaben durch, nehmen erneut Proben und füllen die Kessel anschließend gemäß Abfüllanleitung ab.

Meine Highlights während des Praktikums waren zum einen die Überarbeitung/Neustrukturierung der Rezepte zusammen mit einer deutschen Kollegin als auch das Planen von Erweiterungen und Abänderungen mit einem deutschen Kollegen in der Produktionshalle.
Das Überarbeiten der Rezepte soll bezwecken, dass diese einfacher zu verstehen sind und einen roten Faden haben, da die amerikanischen Mitarbeiter hier erst Erfahrungen sammeln müssen. Die überarbeiteten Rezepte wurden nun der Qualitätsabteilung in Deutschland übermittelt und ich bin schon sehr gespannt, welche Rückmeldung wir erhalten werden. Hier konnte ich mich selbst testen, wie vertraut ich bereits mit den Abläufen hier in Amerika bin und zusammen mit ihrer Erfahrung konnten wir uns gegenseitig helfen und haben diese komplexe Aufgabe zusammen gemeistert.

IMG_7692Am meisten gefordert hat mich das Planen der Umbauten und Erweiterungen. Hier lernte ich, was bei solchen Maßnahmen alles zu beachten ist und wie man die geplanten Änderungen oder Einbauten dokumentiert. Eine Umbaumaßnahme ist der Einbau eine Massedurchflussmessgerätes in eine Leitung, damit eine noch genauere Dosierung möglich ist. Hierbei ist viel mehr zu beachten, als man im ersten Moment denkt!
Welches Material hat die Rohrleitung? Brauche ich eine Flanschverbindung oder möchte ich das Bauteil verschweißen? Welchen Durchmesser müssen die Verbindungen haben? Ist das Medium korrosiv? Muss das Bauteil hitze- oder chemikalienbeständig sein? Muss das Bauteil an der Decke abgehängt werden? Welcher Volumenstrom wird benötigt? Welchem Druck muss das Bauteil standhalten?

Und es gibt noch viele weitere Fragen, die man sich bei der Planung stellen muss. Dokumentiert wird die Planung mithilfe sogenannter Rohrleitungsisometrien. Hier wird eine technische Zeichnung erstellt, die alle Details und Dimensionen, wie Länge, Breite, Höhe darstellt. Die Dimensionen schneiden sich in einem 60° Winkel, wodurch man einen dreidimensionalen Verlauf der Rohrleitung erhält, jedes Bauteil und jede Besonderheit vermerkt ist. Ich habe zuvor noch nie eine Isometrie gezeichnet und nach kleinen Startschwierigkeiten konnte ich sogar die zweite Umbaumaßnahme alleine zeichnen und ausmessen.

Anschließend haben wir uns die Fließbilder angeschaut um zu überprüfen, ob die Maßnahme auch wie angedacht durchgeführt werden kann. Nachdem dies der Fall ist, kann man mit der Einholung verschiedener Angebote von unterschiedlichen Herstellern beginnen.

IMG_7950.JPGMein zweites Projekt war die Planung einer neuen Rohrleitung mit eigenem Filtersystem für ein besonderes Produkt, welches nicht mit anderen Produkten in Kontakt kommen darf. Hierfür lokalisierte ich den Blindflansch an dem diese Rohrleitung angebracht werden sollte und fing an die Isometrien zu zeichnen. Hierbei musste ich das Einbauen von Spülvorrichtungen beachten und den Platz kalkulieren, da die vorhandenen Rohrleitungen bereits viel Fläche an der Abhängung in Anspruch nehmen. Nachdem ich die Planung abgeschlossen hatte, hielt ich Rücksprache mit dem deutschen Kollegen und nachdem wir gemeinsam nochmals über den Plan geschaut hatten, fing ich an die geplante Erweiterung zu bemessen. Der Plan mit Maßen wurde anschließend nach Deutschland geschickt und wird dort für die Umsetzung vorbereitet.

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Das Indulor-Werk in Graham kurz nach der Fertigstellung

Der 02. Juni 2017 war ein besonderer Tag für die Indulor Familie in Graham: Der Tag der großen Eröffnungsfeier war gekommen! Aus ganz Nordamerika, Südamerika und Deutschland kamen Händler und Mitarbeiter nach Chapel Hill ins Siena Hotel. Sogar Erwin Fengler und Kirsten Steinhaus kamen extra aus Deutschland angereist. Gegen 12 Uhr trafen die ersten Besucher im Werk in Graham ein, um sich bei einer Tour den neuen Standort der Indulor-Gruppe anzusehen. Hier wurden sie dann nach einer herzlichen Begrüßung über das gesamte Werksgelände geführt, konnten Fragen stellen und sich untereinander austauschen. Im Anschluss daran gab es noch kleine Snacks in der Empfangshalle bevor ein Shuttle-Bus die Besucher gegen 16 Uhr wieder zurück in ihr Hotel brachte. FullSizeRender(4)Dort, im Siena Hotel begann auch zwei Stunden später die Eröffnungsfeier mit einem Willkommensgetränk im Freien, begleitet von Live-Musik. Anschließend nahmen alle 63 Gäste ihre Plätze ein und Sebastian Fengler begrüßte alle im Siena Hotel und bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen. Auch Erwin Fengler begrüßte die Gäste und hielt eine Ansprache auf Englisch, die zum Nachdenken anregte, und verkündete, dass Indulor demnächst einer Charity-organisation für notleidende Kinder in den USA teilnehmen werde. Nachdem der Applaus abgeklungen war wurde das Essen serviert. Im Anschluss daran wurde der Standort von unserem Festsaal zur Bar verlagert. Beim Hinausgehen aus dem Festsaal erhielten alle Gäste noch ein Abschiedsgeschenk. An der Bar saßen wir noch lange zusammen und haben uns über verschiedenste Themen unterhalten. Langsam klang der Abend dann in der Nacht aus und die Gesellschaft löste sich allmählich auf.
Es war eine sehr schöne Feier, die zeitlich perfekt als Art „Abschlussevent“ zu meinem Praktikumsende am 09.Juni passt. Ich habe die Zeit sehr genossen, interessante Gespräche geführt und viele neue Menschen kennengelernt.

Ich habe hier sehr viel gelernt und wurde so herzlich in der Firma aufgenommen, dass 10 Wochen Praktikum wie im Fluge vorbei gingen und ich gar nicht glauben kann, dass mir nur noch knapp eine Woche mit meinen neuen Kollegen verbleibt bevor ich nach New York und dann nach Hause fliegen werde. Ich habe hier ein neues Zuhause gefunden, wunderbare Menschen kennengelernt, die USA auf einem Roadtrip erkundet und so viele neue Eindrücke und Erfahrungen gemacht! Teilweise verschlägt es mir die Sprache wenn ich darüber nachdenke was mir diese insgesamt 3 Monate gebracht haben, was ich alles erleben konnte und wie sehr ich persönlich daran gewachsen bin.

An diesem Punkt möchte ich mich bei der Joachim Herz Stiftung bedanken, die dieses Projekt auf die Beine gestellt hat und so vielen Auszubildenden die Möglichkeit gibt sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln! Ich bin sehr stolz ein Teil dieses Projektes zu sein und möchte vor allem Yulia Kozyrakis danken, deren Unterstützung wir uns von Anfang an immer sicher sein konnten und die uns mit ihrem Organisationstalent einen so tollen, interessanten und stressfreien Aufenthalt ermöglicht hat!
Auch bei Sally und Bruce möchte ich mich bedanken, die viel mehr sind als nur eine Airbnb-Unterkunft, sondern eine richtige Gastfamilie für mich waren und mich herzlichst aufgenommen und sogar mit zu ihrer Familie genommen haben. Wir hatten sehr interessante Gespräche und ich habe auch sehr viel von ihnen lernen können.

Ganz besonders möchte ich auch meiner Gastfirma Indulor, der Unternehmensleitung und meinen Kollegen hier danken, dass sie mir dieses Auslandspraktikum ermöglicht, mich vorbereitet haben und mich bei meinen Unternehmungen in den USA unterstützt haben! Ich wurde hier so herzlich aufgenommen und bin stolz, dass ich nun in gewisser Weise ein Teil der Indulor America LP – Familie bin! Ich werde die Zeit hier nie vergessen und auf jedenfall zu Besuch kommen!

DANKESCHÖN!!

Liebe Grüße aus North Carolina,

Anna-Lisa

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